Streit. Eine Annäherung

Ulrich Wünschs „Manufaktur für Führung und Mediation“ (siehe dazu News vom 4.9.2023) hat im Jahr 2023 eine Exkursion zur Ausstellung „Streit. Menschen, Medien, Mechanismen im 18. Jahrhundert und heute“ in den Franckeschen Stiftungen zu Halle durchgeführt (siehe ergänzend dazu den Beitrag im Magazin Stiftung&Sponsoring, Ausgabe 05.2023). Dieses Jahr stand die Ausstellung „STREIT. Eine Annäherung“ im Museum für Kommunikation Frankfurt auf der To-do-Liste.

Prof. Dr. Stefan Haupt hat seinen Eindruck von der Ausstellung wie folgt zusammengefasst:

Menschen sind unterschiedlich. Jeder Mensch hat einen eigenen Blick auf die Welt und die Dinge. Da diese unterschiedlichen Auffassungen einerseits für eine demokratische und pluralistische Gesellschaft charakteristisch und andererseits der Motor für die Weiterentwicklung sind, gehören sie genauso zum Leben, wie das Atmen.

Damit geht unvermeidbar einher, dass unterschiedliche Auffassungen, Sichtweisen und Emotionen regelmäßig zum Streit führen. Da Streit im Ergebnis nicht zu einem gemeinsamen Sturz in den Abgrund, sondern möglichst zu einer Win-Win-Situation führen sollte, ist es notwendig, dass jeder Mensch eine Streitkompetenz entwickelt.

Um diesen Lernprozess zu befördern, gibt es regelmäßig Ausstellungen zum Thema Streit. Vom 02.11.2021 bis zum 09.07.2022 war im Museum der Arbeit in Hamburg die Ausstellung „Konflikte“ zu sehen. Die Franckeschen Stiftungen zu Halle präsentierten vom 18.03.2023 bis zum 04.02.2024 die Ausstellung „Streit. Menschen, Medien, Mechanismen im 18. Jahrhundert und heute“. Vom 06.10.2023 bis zum 01.09.2024 ist im Museum für Kommunikation Frankfurt die Ausstellung „STREIT. Eine Annäherung“ zu sehen.

Letztere mutet wie eine endlose Wandzeitung mit zahlreichen DIY-Plätzen an, wo auch Papier und Stifte zum Mitmachen bereitlagen. Auf den DIN-A4-Blättern – im Corporate Design der Ausstellung – stand:

„Was ich Dir schon immer sagen wollte…
What I’ve always wanted to say to you…
von/from:
an/to:“.

Alles erscheint niederschwellig, nahbar und didaktisch. Folgerichtig gab es spezielle Angebote für Gruppen und Schulklassen.

Der nicht museale Look der Ausstellung ist Mittel zum Zweck. Das Ziel besteht offensichtlich darin, verschiedenste Türen zu öffnen, damit sich jeder Besucher diesem komplexen Thema nähern kann. Das findet auch in den vier Schwerpunkten der Ausstellung seinen Niederschlag. Diese sind: Kunst, Macht, Liebe und Geld.

Persönlicher Geschmack und persönliche Vorlieben kommen immer zum Ausdruck, wenn man über Kunst diskutiert. Mit dem Thema Macht bzw. Machtausübung sind die gesellschaftlichen Werte verbunden. In der Liebe geht es um Gefühle, konkreter das emotionale Verhältnis zu den Mitmenschen. Die Existenz ist immer mit Geld verbunden, insbesondere mit den Kosten für Essen, Trinken, Wohnen, Strom und Gas, Bildung, medizinische Grundversorgung sowie der Sicherheit der Ersparnisse.

Um Besuchern ein Gefühl dahingehend zu vermitteln, welche unterschiedlichen Positionen aufeinandertreffen können, werden sie gefragt, ob sie sich im Streit als Affe, Eule, Fuchs, Schildkröte oder Wolf sehen. Der Affe streitet sich gern und ist schlagfertig, aber nicht immer gut informiert. Die Eule erklärt die eigenen Gefühle, bietet Lösungsvorschläge an und ist empathisch, geht aber oft Kompromisse zum eigenen Nachteil ein. Der Fuchs ist aufmerksam und hat eine schnelle Auffassungsgabe. Er streitet sowohl strategisch als auch opportunistisch und kann seine Abneigung gegen andere Meinungen nicht verbergen. Die Schildkröte ist ruhig und bedacht. Ihr Ziel, Streit zu vermeiden, wird jedoch gelegentlich als Desinteresse interpretiert. Der Wolf ist selbstbewusst und meinungsstark. Er widerspricht und kritisiert und lässt sich nur schwer von Argumenten anderer überzeugen.

Der Untertitel der Ausstellung lautet „Ich will nicht streiten“. Daran anknüpfend hilft die Ausstellung „STREIT. Eine Annäherung“ den Besuchern dabei, sich sowohl einen Zugang zum Thema als auch eine Position zum Umgang mit Streit zu erarbeiten. Da Meinungsstreit in den Bereichen Kunst, Macht, Liebe und Geld nicht vermieden werden kann, stellt es eine Qualität dar, wenn die Menschen es als überlebenswichtig ansehen, bestehende Konflikte friedlich – also ohne Gewalt – zu lösen.

Zur Ausstellung gibt es keinen Katalog, sondern einen Expotizer (kurz für „exposition“ und „appetizer“) unter https://streit.museumsstiftung.de/. Dieser ist auch über die Webseite des Museums für Kommunikation Berlin abrufbar.

Nach dem Besuch der Ausstellung ist man sich sicher, dass die scheinbare Hemdsärmeligkeit der Ausstellungsarchitektur, einschließlich Ausstellungstitel und Untertitel, tragende Elemente des Konzeptes sind; und zwar den Menschen dabei zu helfen, bewusster und reflektierter im Streitfall zu agieren.

Es bleibt zu hoffen, dass diese Botschaft auch zukünftig weit in die Welt hinausgetragen wird.

Aleksandra Tollkühn | LL.M. (Edinburgh)

Studium
seit 2019 Masterstudium (LLM Law) an der University of Edinburgh
2016 - 2019 Studium des Rechts (LLB Law) am King's College London
Praktika und Nebentätigkeiten
seit 2021 Werkstudentin bei Haupt Rechtsanwälte
2016 - 2020 Sommerarbeit bei Haupt Rechtsanwälte
2019 Paralegal bei Livingstone Technologies in Reading, England
2017 - 2019 Studentischer Rechtsberater an der Legal Clinic des King's College London
Sonstige Qualifikationen
2018 Ausbildung zum zertifizierten Mediator für Zivil- und Handelsrecht in England (The Society of Mediators, 218 Strand)